Natürlich waren es die Beatles, nie die Stones. Und Elvis. - Zuerst aber war die Country-Music. Weil mein ältester Freund «aus dieser Ecke» kam und mich total infizierte. Aber immer mit dabei waren Boogie Woogie, Swing & Blues. - Zum Hören, Tanzen oder einfach nur Geniessen.
KURZGESCHICHTE DES BOOGIE-WOOGIE & BLUES PIANOS Von Chris Conz | chris@chrisconz.ch
Wie kommt es zustande, dass trotz der heutigen Medienüberflutung die Stilrichtung des klassischen Boogie Pianos immer noch eine so große Fan-Gemeinde findet? Wer einmal ein richtiges Boogie-Konzert miterleben durfte, wird es verstehen:
“Boogie ist ein zwölftaktiges Antidepressivum, das den Zuhörer automatisch in gute Laune versetzt. Boogie-Woogie gilt als die heißeste Musik, die je für das Klavier erfunden wurde”, lautet ein Zitat von Boogie-Woogie König Axel Zwingenberger.
Auch zurückhaltendes Publikum taut spätestens nach dem ersten Chorus auf. Die echten Boogie Fans dagegen sind schon beim Erscheinen des Boogie-Pianisten “aus dem Häuschen”. Sie ziehen direkt mit: Zwischenapplaus, Pfeifen und Mitswingen sind angesagt. Ansteckender kann Klaviermusik kaum sein. Boogie Laune entsteht durch die einmalige Mischung aus Kraft, Swing, Frische und Blues, sehr rhythmisch, vorwärts gerichtet und scharf akzentuiert, zwischendurch verträumt - melancholisch, aber nie kitschig oder sentimental.
USA, Texas, um 1900: Es ist das Zeitalter der Eisenbahnen. Schwarze, rhythmisch dröhnende und grell pfeifende Ungetüme, die vor allem eins brauchen: Holz. Holz zum Heizen, Holz für Schienen, Holz für Brücken. Der Osten von Texas hat Holz. Riesige Kieferwälder bedecken große Teile des Landes. Kiefern, die nicht nur Holz liefern, sondern deren Harz auch die Basis für Terpentinöl darstellt, dass hier abgezapft, in Fässer (Barrels) abgefüllt und in sog. Barrelhouses zwischengelagert wird. Die Arbeit ist hart. Bäume werden nach wie vor von Hand gefällt, zerteilt und mit Hilfe von Pferden und Ochsen bis zur nächsten Bahnstation abtransportiert. Freizeit gibt es nur Nachts und am Wochenende.
Als Ausgleich hatten sie Glücksspiele, Prostitution, Alkohol und natürlich die Musik. Nachts verwandelten sich diese „Fasshäuser“ in billige Spelunken, in denen bis früh in die Morgenstunden gefeiert wurde. Die Pianisten zogen von Lager zu Lager und verdienten so ihr bescheidenes Geld für acht Stunden Klavierspiel.
Im Lärm dieser meist übervölkerten Kneipen, so heißt es, habe der Pianist, der für die Unterhaltung der Gäste zu sorgen hatte, jeweils Mühe gehabt, sich lautstärkemässig durchzusetzten. Aus diesem Grund sei ein besonderer Stil erfunden worden, Barrelhouse eben, der sich durch einen starren, gehämmerten Bass und durch ebenso gehämmerte, lautstarke Staccati der rechten Hand ausgezeichnet habe. Der Name Boogie-Woogie gab es zu dieser Zeit noch nicht. Man nannte diese Art von Musik „Barrelhous-Piano“. (Bild: Barrelhouse ca. 1930s. From the B&R Archives)
Wie der echte „Südstaaten Klavierstil“ klingen sollte, zeigten den Großstadt-Musikern u.a. die Geschwister Thomas, die den Ursprung des Boogie von Texas nach Chicago brachten: George Thomas, Hersal Thomas und deren Schwester Sippie Wallace. In die Geschichte ging vor allem das Wunderkind Hersal Thomas (Bild) ein, der 1924, im Alter von 14 Jahren, eine Klavierrolle mit einem wegweisenden Klavierstück „The Fives“ einspielte. Klavierrollen sind gelochte Papierbänder in denen die Musik „gespeichert“ ist. Diese wurden für die automatisch spielenden Klaviere benutzt und waren dazumal sehr verbreitet.
In „The Fives“ steht der Zug und seine rollende Vorwärtsbewegung zum ersten Mal im Mittelpunkt. Das Thema “Zug” findet im Verlaufe der Boogie-Woogie-Geschichte noch einige weitere Variationen (z.B. im „Honky Tonk Train Blues“ von Mead Lux Lewis). Hersal Thomas, ein vielversprechender junger Musiker, der in Chicago als „King of House Rent Boogie Parties“ gefeiert wurde, starb leider im Alter von 18 Jahren unter nie zu Ende geklärten Umständen an einer Lebensmittelvergiftung. Seine Schwester Sippe Wallace gehörte zu einer der bekanntesten Bluessängerinnen und wurde in Deutschland durch die Zusammenarbeit mit Axel Zwingenberger bekannt, der ihr den „Blues for Sippie Wallace“ widmete. Sie erreichte ein hohes Alter und starb 1986 mit 88 Jahren.
Sucht man nach dem Ergebnis der frühen Entwicklung, so könnte man sich auf die vereinfachte musikalische Formel für Boogie „Ragtime plus Blues ergibt Boogie Woogie“ einigen. Typisch dabei - die zwölftaktige Bluesform, in der die linke Hand eine feste Bassfigur spielt, während die rechte für die Melodie zuständig ist. Es waren auf jeden Fall die Pianisten der ersten Generation wie Cow Cow Davenport, Clarence Pinetop Smith, Jimmy Yancey, Jimmy Blythe, Montana Taylor, Cripple Clarence Lofton, die Ragtime und Blues kombinierten und den Grundstein für den „klassischen“ Piano Boogie Woogie legten.
Einer der ersten Boogie-Woogie Pianisten, der mit seiner eigenen Musik berühmt wurde, war Charles Edward Davenport (Bild, 1894-1956). Schon als Zwölfjähriger wollte er gegen den Willen der Familie Musiker werden. So hat man ihn ins Priesterseminar geschickt, wo er aber wegen Spielens von Ragtime rausgeworfen wurde. In den 20er Jahren erwarb er sich den ersten Ruhm als Begleiter der Bluessängerinnen Dora Carr und Ivy Smith. Mit seinem Stück „Cow Cow Blues“, in dem er mit dem Klavier einen Zug imitierte, schuf er sowohl seinen Spitznamen „Cow Cow“ als auch einen der meistgespielten Boogies aller Zeiten. Die Wirtschaftskrise und ein Schlaganfall unterbrachen seine Karriere in den 1930er Jahren.Eine Zeitlang musste er als Spülhilfe arbeiten, bis er 1938 von dem Jazzpianisten Art Hodes wiederentdeckt und rehabilitiert wurde.
Sein Song „Cow Cow Blues“ war der Grundstein für Ray Charles’ grossen Hit „Mess Around“.
Mitte der 1920er Jahre kam der Boogie-Woogie an die Ostküste der USA. Chicago und New York wurden die heimlichen Hauptstädte der Klaviervirtuosen. Richtig populär wurde der BoogieWoogie aber auf eine etwas ungewöhnliche Art und Weise, und zwar durch die so genannten „House Rent Partys”.
Für eine solche Party kaufte der Mieter einer Wohnung alkoholische Getränke, was heimlich passieren musste, denn in den USA gab es zu dieser Zeit die Prohibition. Des Weiteren engagierte er eine Band mit einem guten Boogie-Woogie-Pianisten und sorgte dafür, dass möglichst viele Leute davon erfuhren, dass am Abend in der Wohnung eine Boogie-Woogie Party stattfindet. Von den Gästen, die kamen, wurde dann Eintritt verlangt und mit diesem Geld wurde schließlich die Miete bezahlt.
Auf einer solchen Party hat auch der Autodidakt aus Alabama - Clarence Pinetop Smith (Bild, 1904-1929) seinen Pinetop`s Boogie zum ersten Mal gespielt. Das Stück basiert auf dem 1925 veröffentlichten „Jimmys Blue´s“ von Jimmy Blythe (1901-1931), dem einflussreichen Boogie Pianisten, der schon mit 30 Jahren an den Folgen einer Meningitis verstarb.
Pinetop Smith wurde zur Legende, weil er als erster Pianist ein Stück mit dem Namen „Boogie Woogie“ auf einer Schallplatte betitelte.
Am 29 Dezember 1928 wurde „Pinetop`s Boogie“ zum ersten mal veröffentlicht und somit entstand der erste Hit des Boogie Woogie. Leider konnte er sein Chart-Erfolg nicht mehr miterleben, da er im im Februar 1929 im Alter von 24 Jahren, bei einer Schießerei, an der er nicht beteiligt war, ums Leben kam. Einen Tag vor der geplanten zweiten Plattenaufnahme.
Die meisten Boogie-Pianisten der Folgegenerationen nahmen in ihr Programm einen „eigenen“ Pinetop´s Boogie auf. Jimmy Yancey (1898-1951), geboren in Chicago, zählt in der Boogie Geschichte zu „The Outstanding Figures“. Das Vorbild für Ammons, Lewis und Johnson - hatte selbst nie auf einer „echten“ Bühne Piano gespielt. Am liebsten spielte er privat, unter Freunden. In seiner Wohnung traf sich die Boogie-Szene von Chicago - auch Albert Ammons und Meade Lux Lewis. Erst durch die „Öffentlichkeitsarbeit“ des Duos wurden Produzenten auf ihn aufmerksam: „Yancey Stomp“ wird 1939 aufgenommen. Ein besonderes Ereignis im Leben des Musikers, der am liebsten nie die Stadtgrenzen von Chicago verließ, war ein Trip nach Europa, wo er vor dem Königshaus im Buckingham Palace spielte. Yancey wurde in den achtziger Jahren in die „Rock and Roll Hall of Fame“ aufgenommen.
Als die exzentrischste Entertainerpersönlichkeit der Chicagoer Boogie und Blues Szene ist sicherlich „Cripple“ Clarence Lofton (Bild, 1896-1957) zu nennen.
Er beeindruckte das Publikum durch sein undiszipliniertes Pianospiel und die Showeinlagen während seiner Auftritte. Mit äußerst expressiver Mimik sang er, schnippte gleichzeitig mit den Fingern wie ein spanischer Tänzer, wechselte blitzschnell vom Piano zum Schlagzeug und steppte dabei beeindruckend trotz seines lahmen Beines. Musikalisch passierte es häufig, dass er einen neuen Chorus begann, bevor er den ersten beendete.
Das Zwölftaktmuster des Blues wurde auf 9, 10 oder 11,5 Takte reduziert (z.B. „I Don’t Know“). Seine bekanntesten Werke sind: “Strut That Thing”, “Monkey Man Blues”, “I Don’t Know” und “Pitchin’ Boogie”.
Der Boogie-Pianist erreichte in dieser Zeit eine besondere soziale Stellung. Er spielte auf verschiedenen Parties, wo Spezialitäten wie Kutteln, gekochter Eibisch, Bratfisch oder Eierpuntsch serviert wurden. Seine Dienste waren sehr gefragt, und er hatte Zugang zu all diesen Pay-Parties ohne bezahlen zu müssen.
Der “Vater des stride pianos” James P. Johnson (Bild) erzählte: “Wenn du gut Klavier spielen konntest, wurdest du von einer Party zur anderen herumgereicht und alle waren sehr um dich bemüht, fütterten dich mit Eiscreme, Kuchen, Speisen und Getränken. Tatsächlich waren einige der größten Könner der Branche auch als die größten Esser bekannt, die wir hatten. Auf einer Party, die die ganze Nacht dauerte, fingst du um ein Uhr morgens an, um vier Uhr bekamst du die zweite Mahlzeit. Viele von uns hatten später unter Eß- und Trinkgewohnheiten zu leiden, die wir uns in unseren jungen, geselligen Tagen angewöhnt hatten” (aus LeRoi Jones: “Blues People”, S. 156) Auch Pinetop Smith “erzählt ” in seinem “I’m Sober Now” folgendes: ”I don’t mind playin’ anytime y’all can get me drunk, but Mr. Pinetop is sober now. I’ve been playing the piano round here all night long and y’all ain’t bought the first drink somehow”
Bevor das Boogie-Piano den Höhepunkt seiner Entwicklung in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre erreichte, brachte die große Wirtschaftskrise aus. Auch für die Boogiepianisten begann eine längere Durststrecke. Die „Grosse Depression“, die am 29. Oktober 1929 („Schwarzer Dienstag“) mit dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Börse begann, setzte sich bis zur Mitte der 1930er Jahre fort. Viele Fabriken und Büros mussten schließen. Um die 15 Millionen Menschen wurden arbeitslos und die Durchschnittslöhne fielen um 60%. Lange Menschenschlangen, die auf Arbeit- oder Lebensmittel warteten, prägten das Straßenbild. Die Musikindustrie wurde ebenfalls erschüttert: Viele Nachtklubs, Jazzkeller und Kabaretts mussten schließen oder ihre Künstler entlassen, die Schallplattenindustrie war fast mit einem Schlag ruiniert. Ein Großteil der Musiker, insbesondere die Afroamerikaner, arbeitete nun in schlecht bezahlten Jobs, um sich und ihre Familie über Wasser zu halten. So z.B. Meade „Lux“ Lewis (Bild): „Meade “Lux” Lewis found great difficulty in obtaining work as a pianist and spend some time on relief working on a Works Progress Administation (WPA) shovel gang. These government projects gave work to the millions of unemployed and involved them in labouring or contruction work on community-service or publicservice projects. Lewis also worked on relief washing cars.”
Die „goldenen“ Zeiten für Boogie Piano wurden einerseits durch den Aufschwung im Musikleben nach der Überwindung der großen Wirtschaftskrise Mitte der 1930er Jahre begünstigt. Andererseits spielte bei dieser Entwicklung der Talent-Scout John Hammond (1910-1987) eine entscheidende Rolle. John Hammond war nicht nur reich sondern auch musikalisch gut ausgebildet. Klassische Musikausbildung wurde in seiner Familie von ihm erwartet. Er interessierte sich aber seit seiner frühsten Jugend viel mehr für die Musik seiner afroamerikanischen Bediensteten. So brach er sein Viola Studium an der Yale University ab und wurde Promoter, Plattenproduzent und z.T. gefürchteter Musikkritiker. Er machte Boogie „salonfähig“. Im Dezember 1938 und 1939 organisierte er die legendären „From Spirituals to Swing“ Konzerte, die die Entwicklung der afroamerikanischen Jazzmusik präsentierten und ein regelrechtes Boogie-Woogie-Fieber auslösten. Es wurde überliefert, dass nach einem der Konzerte, die Türsteher einige in Extase geratenen Boogie Fans auffordern mussten, von den Kronleuchtern runter zu klettern. Zum Boogie Fieber trug auch die Gründung des Cafe Society in New York durch den ehemaligen Schuhverkäufer Barney Josephson bei. „Genervt“ durch die immer noch herrschende Rassentrennung in den Musikklubs gründete er 1938 in Greenwich Village den ersten und 1940 einen weiteren gemischtrassiger Club sowohl für Künstler als auch für das Publikum ein. Das Motto war: „Der richtiger Ort für die Falschen Leute“ – „The right place for the wrong people“. Auch hier half in schwierigen Zeiten beratend und finanziell der Promoter John Hammond. Cafe Society wurde bald zum Treffpunkt der linken Intellektuellen. Das führte letztendlich in der McCarthy Ära zu einer äußerst negativen Pressekampagne und zur Schließung im Jahr 1950. Sowohl in der Carnegie Hall als auch in Cafe Society traten die drei größten Vertreter der nächsten Pianistengeneration auf: Albert Ammons, Meade „Lux“ Lewis und Pete Johnson. Sie entwickelten eine solche technische Perfektion und musikalische Verfeinerung, das sie zu den bekanntesten Pianisten ihrer Zeit wurden.
Albert Ammons geb. 1907 in Chicago, gestorben 1949 in Chicago mit 42 Jahren. Mead “Lux” Lewis geb. 1905 in Chicago, gestorben 1964 in Minneapolis bei einem Autounfall. Pete Johnson geb. 1904 in Kansas City, gestorben 1967 in Buffalo. Albert Ammon´s und Meade “Lux” Lewis pianistische Freundschaft ist ausgerechnet mit einem Taxiunternehmen verknüpft: Der Silver Taxicab Company in Chicago. Um 1925 arbeiteten sie dort zusammen mit weiteren Pianisten als Taxifahrer, “verschwanden” aber während der Arbeit regelmäßig, um gemeinsam woanders Piano zu spielen. Der verzweifelte Besitzer löste das Problem, indem er ein Instrument im Büro der Taxizentrale aufstellte und auf diese Weise “die Jungs” immer einsatzbereit hielt. In dieser Zeit lebten Ammons und Lewis zusammen mit Pinetop Smith (der Lewis Piano-Unterricht erteilte) in einem Haus. Da nur Ammons ein Klavier besaß, wurde seine Wohnung zum beliebten Treffpunkt für Boogie-Sessions. Lewis nahm schon 1927 den “Honky Tonk Train Blues” für Paramount auf: Ein Echo aus seiner Kindheit, in der er in der Nähe eines Güterzugbahnhofs aufgewachsen ist. Zu diesem Zeitpunkt war aber das durch die Wirtschaftskrise geprägte Amerika nicht offen für diese Musik.
Der dritte Piano Boogiemeister kam nicht aus Chicago. Pete Johnson (picture) aus Kansas City - ursprünglich Schlagzeuger - lernte erst mit 18 Jahren Klavier spielen. Er wurde dennoch zu einem virtuosen Boogie- und geschätztem Allround Jazzpianisten. Johnson komponierte den Dive Bomber, der zu den komplexesten Boogie Stücken überhaupt gehört.
Schon in den späten 1920er Jahren arbeitete er mit dem Sänger Big Joe Turner (1911-1985) zusammen. Diese Arbeit setzte 1978 Axel Zwingenberger fort: Zusammen mit Big Joe Turner produzierte er “Let´s Boogie Woogie All Night Long” und diese Aufnahme wurde mit dem Deutschen Schallplattenpreis der Phono Akademie ausgezeichnet.
Zitat von Big Joe Turner: “We was doin´ rock and roll before anyone ever heard of it.” Ihre größten Erfolge feierten Ammons, Lewis und Johnson in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre, nachdem die Weltwirtschaftskrise langsam überwunden war. Lewis musste noch bis 1935 als Wagenwäscher arbeiten, um seine dürftigen Einnahmen aufzubessern. Erst als ihn dort der engagierte Promoter Hammond persönlich rausholte und nach New York brachte, schaffte er den “Durchbruch”. 1935 nahm er den “Honky Tonk Train Blues” ein weiteres Mal auf. Ammons gründete 1934 seine eigene Band - die Rhythm Kings - und nahm 1936 den berühmten Boogie Woogie Stomp auf.
Im Dezember 1938 traten Ammons, Lewis und Johnson mit Big Joe Turner bei dem bahnbrechenden From Spirituals to Swing Konzert in der Carnegie Hall auf. Das goldene Zeitalter des Boogie begann – ein regelrechtes Boogie Woogie Fieber war ausgebrochen. In den Folgejahren konnten sich die drei autodidaktischen Meisterpianisten materiell und musikalisch etablieren. Solo-, Duo- und Trioaufnahmen wurden regelmäßig produziert. Sie gründeten in New York das Boogie Woogie Trio, welches bald zur Hausband des Cafe Society wurde. Johnson und Ammons traten in den 1940er Jahren als ein festes Piano-Duo auf. Deren perfektes Zusammenspiel steht bis heute als Referenz für alle Boogie Woogie Piano Duos.
Ammons, den seine Zeitgenossen als einen sehr lebensfrohen Mann beschrieben, spielte in den 1940er Jahren auch mit Benny Goodmann, Harry James und Lionel Hampton. Kurz vor seinem Tod trat er bei der Amtseinführung von Präsident Harry S. Truman auf. Zu seinem 100-ten Geburtstag trat seine Enkelin Lila Ammons mehrfach mit Axel Zwingenberger auf. Sein Sohn Gene Ammons war ein bekannter Tenorsaxophonist. Johnson verlor bei einem Unfall 1952 einen Finger und mußte seine Karriere beenden. Trotz regelmäßiger Einnahmen in den goldenen Zeiten, war er in seinen letzten Lebensjahren ziemlich verarmt. Ein deutscher Jazzfan – Hans Maurer hatte 1965 “The Pete Johnson Story” herausgegeben, um für den Musiker Geld zu sammeln. Das Buch, inzwischen eine Rarität, ist in nur wenigen Antiquariaten weltweit für sehr viel Geld zu erwerben. Johnson starb 1967.
Auch die Schweiz wurde vom Boogie-Fieber heimgesucht. Das Schweizer Boogie-Woogie-Duo Che & Ray aus Zürich prägten diese Musik anfangs den 1970 Jahren sehr. Nach dem DebütAlbum 1975 mit „Giants of Boogie-Woogie & Blues“, folgten zahlreiche Tourneen durch Europa. Bereits ihre zweite Schallplatte „Burning the Boogie“ bekam den Status Gold und Platinum. Das Duo spielten über 3000 Konzerte und erreichten eine Konzertbesucherzahl von über 3 Millionen.
Der 27. November 1977 war ein wichtiger Meilenstein in der Schweiz-Boogie-Szene. Diese einzigartige Veranstaltung, ein Wettbewerb für Amateurpianisten, entsprang einer Idee des “Tages-Anzeigers” und fand im Schützenhaus Albigüetli in Zürich statt.
Damals erlebte die Begeisterung für diese Musik einen ersten Höhepunkt in der Schweiz. Das Interesse der Amateure, am Wettbewerb teilzunehmen, war so gross, dass Vorausscheidungen unerlässlich blieben. Achtzehn Pianisten qualifizierten sich für das Finale, darunter war auch Dani Gugolz (Bild), der heute als Bassist ein grosser Begriff in der Boogie- und Blues-Szene ist.
Zu den Stars des Abends zählte James Booker, der Piano-Prinz aus New Orleans sowie der Hamburger “Boogie Man” Vince Weber.
Gold-Records veröffentlichte eine LP von James Booker, welche an diesem Abend aufgenommen wurde. Diese Aufnahme wurde von der Fachjury des Grand Prix du Disque de Jazz Montreux ’78 als beste Bluesplatte des Jahres mit dem “Prix Diamant” ausgezeichnet.
Seit dem 19. April 2002 gibt es in der Schweiz das internationale Boogie Woogie Festival in Lugano.
Jedes Jahr im Frühling lädt Silvan Zingg (Bild) zu seinem 3-tätigen Boogie-Woogie-Festival ein, das zu einem wahren Mekka für BoogieFreunde geworden ist. Hier geben sich nationale und internationale Pianisten ein Stell-Dich-ein für ein wahres Feuerwerk an neuen Boogie Kreationen. Sein Boogie-Woogie Festival zählt heute zu den grössten und bekanntesten der Welt. BBC-World berichtet sogar über dieses Festival und bezeichnete es als „One oft he most important piano event in the world“.
Quellen: http://www.musik-genre.de/boogie-woogie.
html http://www.daniel-paterok.de/de/geschichte-des-boogie
«Entstehung aus soziologischer Sicht».
«Vom New Orleans Jazz zum Bepop».
«Vom Cool Jazz zur Weltmusik».
«».
«Smithsonian Magazine».
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Aktualisiert 07/24